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Der Wald wird zum Regen-Speicher
30. August 2021

Viel zu trocken. Das waren vor allem die beiden vergangenen Jahre. Schnell zeigte sich, dass der Fichtenwald sehr darunter leidet. Die Bäume werden schwächer, bieten dem Borkenkäfer ein ideales Zuhause – und in der Folge sterben die Bäume komplett ab. Umso wertvoller wäre es, das Regenwasser möglichst im Wald zu halten. Gräben leiten Wasser zu schnell ab Auf einer Fläche von rund 10 Hektar, westlich des Gewerbegebiets Egert in Mönchweiler, haben die Probleme mit dem Regenwasser offenbar eine lange Geschichte. Der Wald ist an dieser Stelle durchzogen von zahllosen Entwässerungsgräben.

Sie tun aber genau das Gegenteil von dem, was heute wichtig wäre. Die Gräben wurden vor mehr als 150 Jahren von Hand gegraben, als man den Wald abgeholzt hatte und versuchte, den Boden für den Ackerbau zu nutzen, berichtet Peter Gapp. Das Gelände sei für diesen Zweck aber dann wohl doch zu feucht gewesen und schon bald sei der Wald wieder aufgeforstet worden.

Bäume, die hier stehen haben ein Alter von teilweise 100 bis 150 Jahren. Die alten, bis zu einem Meter tiefen Entwässerungsgräben blieben. Das ist der Grund, warum jetzt bei Regen das Oberflächenwasser besonders schnell abläuft. „Die Folgen von sowas haben wir in den vergangenen Wochen gesehen“, sagt Peter Gapp. „Jetzt wären wir froh, wenn das Wasser dableiben würde.“

Im Gemeindewald von Mönchweiler schlägt man jetzt mehrere Fliegen mit einer Klappe. Zum einen erfolgt auf der Fläche entlang des sogenannten Bodenseewegs im Harzloch gerade der reguläre Holzeinschlag im Rahmen der Waldbewirtschaftung. Rund 1000 Festmeter Holz werden hier geschlagen. In den vergangenen Wochen mit starkem Regen sei der Boden in diesem Gebiet verhältnismäßig trocken gewesen, haben die Forstleute beobachtet. Das Regenwasser hatte einfach keine Zeit in den Boden zu gelangen. Zu schnell werde es durch die alten, noch allzu gut funktionierenden Entwässerungsgräben abgeleitet.

Verbesserung durch Rückbau
Deswegen werden die Entwässerungsgräben nun zurückgebaut. „Das machen wir ganz primitiv mit einem Bagger“, sagt Peter Gapp. Dabei werden die Gräben nicht auf ihrer vollen Länge zugeschüttet, sondern sie werden an rund 100 Stellen quasi verpropft. Dazu wird im Bereich des Grabens eine Kuhle ausgehoben. Mit dem Aushub wird im Graben ein Damm aufgeschüttet. In der Folge entstehen an diesen Stellen kleine Tümpel, die Regenwasser aufnehmen sowie auch Lebensraum für allerlei Kleinlebewesen bilden und so für mehr Artenvielfalt im Wald sorgen.

Für die Gemeinde kann diese Maßnahme als Ausgleichsmaßnahme für die beschlossene Erweiterung des Gewerbegebiets gewertet werden. Der Waldboden im Harzloch kann durch die Verpfropfung der Entwässerungsgräben wieder mehr Feuchtigkeit aufnehmen.

Das vermeidet nicht nur den zu schnellen Wasserabfluss, sondern hilft auch dem Baumbestand gesund zu bleiben. „Auch wenn uns das die Waldbewirtschaftung in Zukunft schwerer macht, nehmen wir das für die Umwelt gerne in Kauf“, betont Peter Gapp.

Das Oberflächenwasser sollte im Wald so langsam wie möglich versickern. Die Tümpel entlang der Entwässerungsgräben werden deshalb auch nicht all zu tief ausgehoben. Nur ein wenig lehmhaltiger Oberboden wird zur Seite geschoben. Der darunter liegende sandhaltige Boden würde das Wasser nämlich allzu schnell wieder versickern lassen.

Das Wasser durchdringt dann viele Bodenschichten, bis es irgendwann das Grundwasser erreicht und später über die gemeindeeigenen Quellen wieder als Trinkwasser genutzt werden kann.

Umso langsamer das Wasser versickert, umso besser ist die Qualität des Grundwassers und umso besser ist es auch für die Wasserwirtschaft.

„Einige Waldbesucher werden sich sicher aufregen, wie es hier im Moment an vielen Stellen aussieht“, befürchtet Gapp. Rückegassen für den Vollernter ziehen sich durch den Wald, auf denen dicke Reifenspuren im Boden zu sehen sind. Zudem fallen nun noch die Grabungslöcher entlang der Entwässerungsgräben auf.

„Das wird schon bald gar nicht mehr so stark zu sehen sein“, weiß Gapp und schaut ein wenig voraus mit seiner ganzen Erfahrung: „Der Wald wird sich an diesen Stellen schnell verjüngen, denn jetzt gelangt wesentlich mehr Licht bis zum Boden.“ Schön wird es auch zu sehen, wie die kleinen Tümpel immer mehr Kleinlebewesen anlocken. Nur wenige Meter weiter, im Bereich des alten Flugplatzgeländes, hat Peter Gapp schon einmal ähnliche Tümpel angelegt. Binnen weniger Jahre hat sich hier eine ganz erstaunliche Artenvielfalt entwickelt.

Quelle: Südkurier